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MacroSystems Insolvenz: So geht es weiter

Die MacroSystem AG hat Insolvenz beantragt. Gleichzeitig bekundet der Spezialist für Standlaone-Schnittsysteme, dass es weiter gehen soll. Was damit gemeint ist und wie es trotz Insolvenz eine Fortführung des Geschäftsbetriebs geben kann erklärt MacroSystem-Vorstand und Gründer Jörg Sprave im exklusiven VIDEOAKTIV-Interview.

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Stellungnahme: Jörg Sprave, Vorstand der MacroSystem AG im Gespräch mit der VIDEOAKTIV-Redaktion.


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MacroSystem in Wetter: Am Standort soll es keine Änderungen geben sondern viel mehr nahtlos ohne Entlassungen weiter gehen. 
 

Die MacroSystem AG hat Insolvenz beantragt. Gleichzeitig bekundet der Spezialist für Standalone-Schnittsysteme, dass es weiter gehen soll. Was damit gemeint ist und wie es trotz Insolvenz eine Fortführung des Geschäftsbetriebs geben kann erklärt MacroSystem-Vorstand und Gründer Jörg Sprave im exklusiven VIDEOAKTIV-Interview.


Herr Sprave, am Donnerstag erschien die Meldung über den Insolvenzantrag der MacroSystem AG. Müssen Sie schließen?

Nein. Es besteht kein Grund zur Panik. Es handelt sich bei der Maßnahme um eine wohlüberlegte und gut geplante Restrukturierung unserer Finanzen, das ist alles. Der Geschäftsbetrieb ist überhaupt nicht betroffen.

Aber bedeutet "Insolvenz" nicht eigentlich, dass MacroSystem jetzt pleite ist?

Man muss hier unterscheiden. In den allermeisten Fällen bedeutet eine Insolvenz in der Tat eine Zerschlagung und Schließung eines bankrotten Unternehmens, man nennt das eine "Regelinsolvenz". Aber wir haben uns eines noch recht neuen Instruments bedient, der "Planinsolvenz in Eigenverwaltung".

Und wo liegt der Unterschied?

Bei einer Planinsolvenz wird das Unternehmen weitergeführt, alles läuft wie gewohnt. Lediglich die Finanzstruktur wird komplett erneuert. Nach dem Ende des Verfahrens (in 7 bis 9 Monaten) werden wir fast komplett schuldenfrei sein und gestärkt in die Zukunft gehen.

Und warum wählen andere Unternehmen dann die Regelinsolvenz?

Weil nur solche Unternehmen für die Planinsolvenz in Frage kommen, die eigentlich profitabel sind und gute Zukunftsaussichten haben, aber durch Altlasten gedrückt werden. Von diesen Altlasten kann man ein Unternehmen mit einem Planverfahren befreien, und das machen wir jetzt so. Unternehmen, die einfach nicht mehr laufen und auch keine Perspektiven haben, können nur die Regelinsolvenz durchlaufen. Außerdem ist das entsprechende Gesetz noch recht neu und daher wenig bekannt.

Welche Altlasten drücken Sie denn?

Wir haben zur Entwicklung unserer Home-Entertainment-Schiene in den Jahren 2003 bis 2008 hohe Bankkredite aufgenommen. Das war auch niemals ein Problem, denn in diesen Jahren waren Bankkredite einfach zu bekommen und der Zins war erträglich. Aber das hat sich jetzt geändert. Die Banken haben selber kein Geld mehr, und wenn man noch Kredite bekommen kann, dann nur zu überzogenen Zinssätzen.
 
Sie sagen es gab bei Lieferanten Lieferschwierigkeiten die zur Finanzierungslücke beigetragen haben. Welche Komponenten hat das  betroffen?

Wir wollten ursprünglich die fertig entwickelten Produkte Casablanca S 2000 und DVC 2000 im November, das DVC 1000 im Dezember ausliefern. Jetzt wird es Januar - zwei Monate Umsatz fehlen uns, und das im wichtigen Weihnachtsgeschäft - ca. 30 Prozent unseres Jahresumsatzes machen wir normalerweise im November und Dezember.
Die Lieferprobleme lassen sich nicht auf einen einzelnen Lieferanten zurückführen. Vielmehr ist es im Moment generell sehr schwierig, elektronische Bauteile pünktlich zu bekommen. Das liegt sicher auch an der Finanzkrise - das füher gut funktionierende System der Kreditversicherungen ist zusammengebrochen, das hat Auswirkungen auf die gesamte Absatzkette elektronischer Bauelemente. Kabel, Kühlkörper etc. treffen zu spät ein - ohne diese Bauteile kann man eben kein Komplettgerät fertigen.
Jetzt läuft die Fertigung, aber eben viel zu spät. Für unsere Lieferanten ist das ebenso nachteilig wie für uns - den auch diese Unternehmen verfehlen ihre Planungen, der Umsatz bleibt aus.
Solche Probleme gab es allerdings schon immer. Der Unterschied: Früher konnte man eine kurzfristige Umsatzverschiebung leicht durch einen Bankenkredit überbrücken - heute ist das nicht mehr so leicht.

Und wie wollen Sie die MacroSystem AG in Zukunft finanzieren?

Durch Eigenkapital. Das ist wesentlich krisensicherer und kostet keine Zinsen. Außerdem benötigt das Unternehmen nun nicht mehr so viel Kapital, da auch die Home Entertainment Schiene jetzt profitabel ist und die Investitionsphase vorüber ist.

Welche Auswirkungen hat die Planinsolvenz auf den Vertrieb und die  Fachhändler?

Eigentlich keine. Aber natürlich fehlt der Umsatz mit den neuen MacroSystem-Produkten auch dem Fachhandel. Umso wichtiger ist es, die Bestellungen im Januar ausführen zu können.

Müssen sich die Casablanca-Anwender jetzt auf Veränderungen einstellen?

Für unsere Anwender ist das eigentlich eine gute Nachricht. Wir sichern das Unternehmen gegen die erwarteten Gefahren der Wirtschafts- und Finanzkrise ab. Das sichert auch die Weiterentwicklung, den Service und den Support der Casablanca-Produkte. Kein Mitarbeiter wird entlassen, im Gegenteil - wir haben derzeit sogar offene Stellen zu besetzen und suchen nach Bewerbern.

Welche Weiterentwicklungen stehen denn jetzt im Mittelpunkt?

Seit "BogartSE" befinden sich beide Produktsparten in Punkto Betriebssystem und Hardwareplattform auf derselben Ebene. Beinahe jede Verbesserung betrifft automatisch alle aktuellen Produkte.
Wir sind seit einiger Zeit offizieller Lizenznehmer der AVCHD-Technologie und stehen kurz vor der Freigabe der neuen Arabesk-Software. Diese wird das Erzeugen von vollkompatiblen AVCHD-DVDs und Blu-rays erlauben. Sowohl DVC-Benutzer (HDTV-Sendungen) als auch Casablanca-Cutter (HD-Schnitt) können dann High Definition Scheiben erzeugen, die auch auf aktuellen Blu-Ray Playern spielen. Dieses Update wird kostenlos sein.

Im Frühjahr soll Arabesk 5 erscheinen, mit vielen Verbesserungen rund um DVD und Blu-ray. Mit RelaxVision 3 wird es dann auch ein Update für alle Enterprise- und DVC-Besitzer geben, das viele nie dagewesene Features bringen wird. Hardwareseitig sind wir durch die neuen DVC- und Casablanca-Modelle ja gerade erst am Anfang einer neuen Geräteserie, über Nachfolgesysteme haben wir noch nicht entschieden - das hat noch etwas Zeit.

Bleiben Sie denn weiter selbst am Ruder?

Ja, ich bleibe Vorstand der MacroSystem AG. Ein von uns mandatierter Restrukturierungsexperte, Herr Rechtsanwalt Jörg Spies von der Dresdner Kanzlei PKL, wird allerdings für die Dauer der Maßnahme in den Vorstand eintreten. Ich kenne Herrn Spies seit Jahren, wir arbeiten sehr gut zusammen. Einen besseren Fachmann kann ich mir nicht wünschen.

UPDATE 06.03.09:

Insolvenzantrag wurde stattgegeben - zweites Interview