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Interview: Arri Alexa LF - die Hintergründe zum neuen Kinostandard - Fortsetzung Interview Seite 2

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Warum aber gleich ein neues Gesamtsystem? Wir hätten zunächst eine ALEXA-Kamera mit höherer Bildauflösung erwartet, da der bisherige Sensor noch keine echte 4K-Auflösung konnte.

Marc Shipman-Mueller: Die höhere Auflösung war gar nicht der springende Punkt. Sehr viele Kameraleute sind ja mit unserer Alexa-Bildqualität höchst zufrieden. Die meisten Kinofilme werden mit den Super-35-Alexas gedreht, wie zum Beispiel auch „Blade Runner 2049“, der ja den Oscar für die „Beste Kamera“ gewonnen hat. Was die Kameraoptionen unserer Kunden ein wenig limitiert hat, waren die Anforderungen von Netflix. Die verlangen in den technischen Anforderungen 3840 horizontale Fotozellen, also 4K UHD. Und da haben wir mehrere Shows verloren. Netflix gibt zurzeit im Jahr Milliarden für ihre Eigenproduktionen aus. Und jetzt freuen sich die Produktionen natürlich, dass sie mit der ALEXA LF auf für Netflix drehen können.

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Die neuen Signature Primes sind weder schwerer noch deutlich größer als die bisherigen Super-35-Millimeter-Kollegen.







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Videoaktiv-Redakteur Martin Biebel im Gespräch mit den Herren der Kamera: Thomas Meywald und Marc Shipman-Mueller (von links).









Aber Netflix ist doch nicht alles?

Marc Shipman-Mueller: Natürlich nicht, aber Serien sind ein wichtiger Markt. Gegenwertig, würde ich sagen, werden über 70 Prozent aller Spielfilme und High-End-TV-Serien bereits mit der ALEXA gedreht.

Wo steckt nun das Geheimnis der Bildqualität bei den Arri-Digitalkameras? Sie konnten bisher nicht einmal echtes 4K, und dennoch drehen die Kameraleute damit nachgewiesenermaßen Serien und Filme in großer Zahl?

Thorsten Meywald: Viele Hersteller kommen aus dem Broadcastbereich und da waren die Anforderungen an die Bildqualität ganz anders als im Kino, schon durch die Fernsehtechnik bestimmt. Wir kommen aus dem Filmbereich. Da sehen die Bilder anders aus. Da spielt Auflösung auch eine Rolle, aber ich sage bewusst nur »auch«. Denn im Film sind Dynamikumfang und eben auch die Color Science viel wichtiger. Farben sollen in der Einheit wiedergegeben werden, in der man sie wirklich braucht.

Warum hat Arri dann nicht das gemacht, was erwartet wurde, und einfach mehr Pixel auf einen Sensor gleicher Größe gepackt?

Marc Shipman-Mueller: Um beim jetzigen Stand der Technik unsere Bildqualität zu bewahren, müssen wir die von uns entwickelten Pixel in ihrer Größe beibehalten, sonst sinkt wie bei allen Sensoren mit kleinerem Pixelabstand die Bildqualität. Kleinere Pixel haben mehr Rauschen und weniger Dynamikumfang. Wir haben also die Pixelgröße beibehalten und dafür das Format verdoppelt, was eben auch den Bildlook von Vollformat hervorruft.

Thorsten Meywald: Richtig. Und deshalb haben wir von Null angefangen. Wir haben gesagt, wir vergessen alles, was wir über Mounts wissen, denn wir wollen mit dem System zukunftssicher sein. Das Referenzdesign ergab dann, dass wir mit einem Auflagemaß von 40 Millimeter und einem Durchmesser von 62 Millimetern arbeiten sollten. Also kürzer vor dem Sensor, dafür aber deutlich größer. Wir sind dann auf 44 Millimeter gegangen, denn dadurch sind wir voll rückwärtskompatibel auf vorhandene Arri Alexa-, Mini- und Amira-Kameras und PL-Objektive. Damit sind auch viele klassische Optiken zum neuen System kompatibel. Die Verkürzung auf 44 Millimeter bei dem neuen LPL-Lens-Mount bringt Längen- und Gewichtsreduktion, der größere Umfang erlaubt mehr Lichtstärke, und vor allem können die Optiken telezentrisch gebaut werden.

Der neue LPLMount sieht aus wie der alte PL-Mount, hat nur blaue Griffe. Gibt es da über die Jahre nichts Moderneres?

Marc Shipman-Mueller: Es gibt viele Versuche, vieler Firmen. Aber bei uns zum Beispiel sitzt der Mount direkt auf dem Sensorrahmen und nicht am Gehäuse. Da kann nichts wackeln, auch wenn Sie schwerste Objektive aufsetzen, und das Verschlusssystem ist einfach das robusteste. Es gibt den LPL-Lens-Mount für alle unsere Modelle, und wenn man am Set umbaut auf eine Mini beispielsweise, kann man dennoch mit Signature Primes filmen und braucht keine Extraoptiken.

Wird das dann der Kinostandard der Zukunft?

Marc Shipman-Mueller: Das Feedback war sehr positiv. Insofern sind wir auch zuversichtlich, dass er sich langfristig etablieren wird.

Thorsten Meywald: Und es bringt ja auch Vorteile. Wenn Kameras mit PL- und LPL-Mount im Einsatz sind, muss ich immer überlegen, welche Optiken ich für welches System habe. So ist man immer auf der richtigen Seite, weil jede Kamera alles kann.

Arri Alexa LF - Steckbrief

Hersteller: Arri
Modell: Alexa LF
Preis: 42.000 Euro (zzgl. MwSt.)
Videoformat: Arri RAW, ProRes
Kompression/Dateiformat: unkomprimiert, DCT-Intra/RAW, MOV
Aufnahmemedien: SXR-Capturedrive, SxS-Card
Native Auflösung: 4448 x 3096 Pixel
Aufzeichnungsformat: Open gate 4,5K, UHD, Cinemascope 4,5K