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Amateur-Film-Praxis: fortgeschrittener Videoschnitt

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Nach der richtigen Film-Ausrüstung, Bildkomposition und den Schnittgrundlagen, befasst sich der vorletzte Teil unseres Amateur-Film-Workshops mit fortgeschrittenen Techniken des Videoschnitts und wie dadurch eine interessante Geschichte entsteht. Autor und VIDEOAKTIV-Leser Walter Buddelmann vermittelt das anhand von Szenenbeispielen Tipps aus der Filmer-Praxis.
 

Umschnitt

Der Umschnitt ist ein weiteres Stilmittel. Ein Klassiker in diesem Bereich der Schnitttechnik ist diese Szenenabfolge: Man sieht fröhliche Kinderaugen, denen im Anschluss Bilder eines Weihnachtsmannes folgen – der Zuschauer sieht also, was das Kind sieht.

Die der natürlichen Wahrnehmung am nächsten kommende ist die Schnittabfolge gemäß der Five Shot Coverage, wie sie zum Beispiel Videojournalisten anwenden. Hier eine Zusammenfassung mit einem Alltagsbeispiel im Supermarkt:

Einstellung 1: Um was geht es? Die Kassiererin scannt Waren an der Kasse. Mit dieser typischen Nahaufnahme lenken wir den Blick auf die Situation.

Einstellung 2: Wer ist beteiligt? Ein Blick geht auf das Kassenpersonal. Die zuvor gefilmte Situation wird mit einem Schwenk zum Beispiel auf das Gesicht personalisiert.

Einstellung 3: Wo findet die Handlung statt? Diese Einstellung könnte das Umfeld des Kassenbereichs zeigen.

Einstellung 4: Was ist der Grund für die Handlung? Eine Aufnahme des Kunden zeigt den Bezug von dargestellten Personen und der Handlungsschnitt.

Einstellung 5: Was ist das Ziel oder das Ergebnis der Handlung? Die Auflösung de Szene zeigt zum Beispiel einen überfüllten Einkaufswagen.

Wichtig bei der Szenenabfolge ist die Auflösung der filmerischen Geschichte. Das ist nicht immer einfach – aber jeder Spannungsbogen sollte in einer Auflösung enden.

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Wie sich ein Filmprojekt mit kreativen Schnitt-Ideen aufwerden lassen kann, erfahren Sie auch in folgendem Schnitt-Workshop.
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Manche Schnittprogramm-Anbieter bieten gerade für Einsteiger "Assistenz-Lösungen" an, die den Nutzer beim Sortieren und Archivieren seiner Videodaten unterstützen.

Hier wieder am Supermarkt-Beispiel: Der überfüllte Einkaufswagen beendet den Einkauf - und damit die Szenenabfolge.

Das Schöne dabei ist, dass nicht alles an einem Stück gefilmt werden muss. Das Scannen der Ware ist eine Sache, das Portrait der Kassiererin eine Andere. Der Einkaufswagen kann ohne Weiteres auch einen Tag später gefilmt werden.

Es wird sicher nicht immer jede Einstellung gebraucht oder der potenzielle Zuschauer merkt auch nicht bei jeder vom Filmemacher angedachten aber nicht gedrehten Szene, dass diese fehlt - der Film wird allerdings durch einen runden Abschluss bzw. eben die Auflösung lebendiger und erzählt sich durch den Schnitt selber.

Bei diesen Details zeigt sich der Könner, der Geschichtenerzähler. Um sein eigenes Auge für diese Art des Erzählens zu schulen, eignen sich Fernseh- und Kinowerbespots recht gut. In wenigen Sekunden wird eine ganze Geschichte erzählt - oft mit Überraschungen und Witz verbunden - auch manchmal mit der Frage: Wofür wird hier eigentlich geworben?

Arbeitet man nach der Maxime, einen Spannungsbogen aufbauen zu wollen und diesen auch während des gesamten Films zu halten, ergibt sich dadurch ein grobes, natürlich auch variables Zeitraster.

Ein Film darf gerne 90 Minuten dauern, aber die Sinnabschnitte die zu einem Abschnittshöhepunkt führen, sollten nicht länger als 90 Sekunden dauern. Die einzelnen Szenen darin zwischen vier und zehn Sekunden.