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Bye, bye Firewire

Statusbericht zum Schnittstellenkampf

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Wer gewinnt das Duell?

     
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Ausgestöpselt? Die Firewire-
Schnittstelle soll von USB 2.0 verdrängt werden





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Die Sache mit dem Eingang: der Firewire-Input war lang umkämpft - bei USB wird das nicht anders werden






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Noch ein Name: Statt Firewire heißt IEEE 1394 bei Sony & Co. auch i-Link






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4-Pin und 6-Pin: Auf den Strom kommt´s an







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Mögliche Ablösung: Soll und kann USB 2.0 den Feuerdraht beerben?






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Ersatzspieler: Statt Firewire dient künftig USB 2.0 als Interface zum Computer






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Optional: Firewire gibt´s bei Panasonic Broadcast auch noch - optional gegen Aufpreis






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Deja vu: Auch beim P2-Recorder ist USB Standard, Firewire nur Option
  So einfach war das mal: Firewire-Kabel in den Camcorder stecken, das andere Ende in den Schnittcomputer - egal ob PC, Mac oder Casablanca - und los geht´s mit dem Videoschnitt. Doch inzwischen ist die Lage etwas komplizierter, zumal mit USB 2.0 ein mächtiger Gegner der Firewire-Schnittstelle auf den Plan tritt, der von der PC-Industrie gewaltig gefördert wird.


Im Editorial der VIDEOAKTIV Ausgabe 04/2005 ist es schon angeklungen: Firewire droht das Aus, Hi-Speed USB alias USB 2.0 soll an seine Stelle treten. Das hat viele Leser verunsichert: Wieso soll das bewährte, bei Filmern äußerst beliebte Firewire verschwinden?

Nicht zuletzt bei der inzwischen meist problemlosen, für den voll digitalen Videoschnitt unverzichtbaren Verbindung liegt der Erfolg des Camcorder-Formats DV/Mini-DV ja begründet. Warum also soll sich das ändern?
Die Antwort: Weil die mächtige PC-Industrie mit Firmen wie Intel, Microsoft, Philips, Hewlett-Packard oder NEC das will. Denen war Firewire schon immer ein Dorn im Auge, war es doch mit entwickelt vom großen Widersacher namens Apple, der dummerweise für die Nutzung der eigentlich "IEEE 1394" heißenden Schnittstelle jahrelang auch noch Geld, sprich Lizenzgebühren verlangte.

Um es gleich klar zu stellen - da unsere Berichterstattung einige Leser in den falschen Hals bekommen haben: VIDEOAKTIV DIGITAL will USB 2.0 nicht das Wort reden - im Gegenteil: Die Nachbearbeitung per Firewire-Verbindung funktioniert meist einwandfrei, die Nutzung von USB 2.0 anstelle von Firewire als DV-Schnittstelle ist dagegen noch mit vielen Problemen behaftet, wie der Praxisreport in VIDEOAKTIV 4/2005 (ab Seite 74) belegt.

Deshalb die klare Aussage: Wir würden Firewire gerne behalten, solange USB 2.0 noch soviele Probleme macht!

Die aktuelle Situation: Firewire kontra USB - was ist passiert?

Anfang des Jahres 2005 haben alle großen DV-Camcorder-Hersteller (Canon, JVC, Panasonic, Samsung, Sony) auf einen Schlag neue Modelle vorgestellt, die Videodaten zum Schnitt über USB an den Computer weiterleiten. Die bisherige Verbindung über die Firewire-Buchse ist zwar noch möglich, wird aber von den Firmen (speziell in den Bedienungsanleitungen) nicht mehr groß propagiert. DV über USB ist das Motto - eigentlich widersinnig, denn bislang war Firewire fast ein Synonym für DV, waren doch die meisten Buchsen mit DV-In oder -In/Out benannt (oder mit i-Link, dem Sony-Marketingnamen für die von Apple mit Firewire betitelte Schnittstelle).

Dazu kommt: Die Nachbearbeitung über USB funktioniert noch gar nicht richtig, wie VIDEOAKTIV herausgefunden hat. Zum einen ist in der Regel nur USB-In und kein Zurückspielen auf Band über uSB-Out möglich. Zum andern geht ohne spezielle Treiber gar nichts - im Gegensatz zu Firewire, das in Microsoft Windows inzwischen sehr gut integriert ist. Gedacht ist Hi-Speed USB, inkorrekt oft auch als USB 2.0 bezeichnet, vor allem für die Ex-und-hopp-Filmer, die ihr Material nur in den PC oder Mac überspielen, um es auf DVD zu brennen. Nach Meinung der meisten Camcorder-Hersteller wird eine "richtige" Nachbearbeitung mit Rück-Ãœberspielung eines Masters auf Band ohnehin nicht praktiziert, weshalb sie in den Augen der Industrie obsolet ist. 
Das belegt auch, dass wieder weniger Camcorder mit einer DV-In-Buchse vorgestellt werden.

Zur Unterstützung der USB-Promotion tauchen dann meist eine ganze Reihe von falschen oder falsch interpretierten Argumenten auf:

1. USB 2.0 ist schneller als Firewire: 
Das stimmt nur auf dem Papier. Tatsächlich ist USB 2.0 theoretisch 480 Megabit/Sekunde schnell und Firewire "nur" 400 Megabit/Sekunde. Dieser Wert wird in der Praxis aber gar nicht erreicht, da die Computer-Busse, die die Daten transportieren, viel langsamer sind. Außerdem werden die hohen Übertragunsgeschwindigkleiten bei einer Daterate von 25 Megabit/Sekunde (bei DV und HDV) gar nicht benötigt. Und außerdem stünde mit Firewire 800 schon eine viel schnellere Schnittstelle bereit, wenn sie den gebraucht und von der Computerindustrie unterstützt würde. Tatsächlich ist Firewire 800 nur in teurere Macs eingebaut - allerdings will Intel angeblich Firewire 800 auf dem Motherboard unterstützen. Ein Ablenkungsmanöver?

2. USB 2.0 kann Video schneller übertragen als Firewire:
Das stimmt nur bedingt: Firwire wird bislang bei Band-Camcordern als Live-Übertragungsschnittstelle eingesetzt, weil Band-Camcorder ihr Videomaterial eben nicht schneller als in Echtzeit liefern können (Ausnahme: Profibereich, da geht´s bei DVCPRO etc. auch in doppelter Geschwindigkeit). Genauso kann Firewire aber auch als Computer-Schnttstelle im Nicht-Live-Betrieb genutzt werden - wird und wurde es ja auch schon lange vor der Existenz von USB 2.0, beispielsweise für Festplatten, externe DVD-Brenner, Scanner oder professionelle Digital-Fotokameras. Das heißt: Was USB 2.0 kann, kann Firewire schon lange - man muss es inden jeweiligen Geräten nur einbauen.

Das "Vorurteil", dass USB schneller als Firewire sei, was Video angeht, entstand dadurch, dass USB bislang hauptsächlich in nicht-bandgestützten, "nonlinearen" Camcordern wie DVD-Cams, Speicherkarten-Camcordern oder Festplatten-Modellen (Everio) genutzt wurde, deren Daten auf Grund der ebenfalls nonlinearen Speichermedien nicht in Echtzeit übertragen werden müssen, sondern so schnell es der Computer eben erlaubt von A nach B wandern - wie beliebige andere Daten auch.

3. USB 2.0 ist weiter verbreitet als Firewire:
Das hat zu dem Zeitpunkt, als es erstmals behauptet wurde, überhaupt nicht gestimmt. Dank ALDI, Lidl & Co. waren bis vor einem Jahr in Deutschland mehr PCs mit Firewire verkauft worden als mit dem schnellen USB. Seit einem Jahr aber wendet sich das Blatt, weil pro Computer nur noch eine Firewire-Buchse eingebaut ist, aber vielleicht vier oder mehr USB-Schnittstellen. Dieser Prozess verstärkt sich noch, weil natürlich vier USB-Buchsen für den Hersteller auch viel günstiger zu bekommen sind, als in der Relation dazu eine Firewire-Buchse.
Aber: Die meisten PC-Cutter, die noch einen Pentium IV mit beispielsweise 2,4 GHz oder weniger besitzen, können noch gar kein USB 2.0 nutzen, da es in den älteren Rechnern nicht eingebaut war. Da gibt´s nur das alte USB 1.1, das mit 12 Megabit/Sekunde für DV-Video überhaupt nicht ausreicht.


Was spricht dafür, dass Firewire gefährdet ist?

Eine ganze Reihe von Fakten, die VIDEOAKTIV als erste Videozeitschrift publiziert hat. Hier im Schnelldurchlauf:

1. DV-Camcorder mit USB 2.0: Fast alle neuen Modelle kommen mit Hi-Speed USB, das anstelle von Firewire promotet wird.

2. Im Profibereich haben neue Camcorder mit Speicherkarten (Panasonic P2) serienmäßig nur USB 2.0 eingebaut. Firewire gibt´s nur noch als optionale, teure Nachrüstung.

3. Alle nonlinearen Konsumer-Camcorder (DVD, SD-Card, Everio mit Microdrive, fest eingebaute Harddisk)  besitzen nur noch USB 2.0 - und von dieser Camcorder-Gattung gibt es immer mehr neue Vertreter.

4. Im Bereich externer Audiolösungen hat Firewire die letzten Jahre einen wahnsinnigen Boom erlebt: Hier stehen 60, 70 FW-Geräten nur fünf bis zehn USB-2.0-Produkten gegenüber. Doch hinter den Kulissen war schon zu hören, dass USB selbst dort im nächsten Jahr auf breiter Front kommen wird.

5. Apple, mit Texas Instruments einst "Erfinder" von Firewire, scheint selbst nicht mehr viel Lust zu haben, die eigene Schnittstelle aktiv zu promoten: Neue iPods werden ohne Firewire-Kabel ausgeliefert, im Schnittbereich ist zu hören, dass man völlig emotionslos diejenige Schnittstelle integrieren wird, die der Markt eben fordert - und welche das mit dem Umschwenken auf Intel-Prozessoren wohl sein wird, dürfte jedem klar sein.

6. 4-Pin-Firewire ohne Stromversorgung: Externe Geräte boomen - insbesondere dank der gefragten Notebooks. Da ist es ein Nachteil, dass die hier meist eingebaute kleine 4-Pin-Firewire-Buchse keine Speisespannung transportieren kann.

Ist Firewire also schon mausetot?
Nein. 

1.Wer momentan mit DV arbeitet, sollte bei Firewire bleiben, denn Editing per USB 2.0 ist noch eine Katastrophe. Einzig Cyberlink hat Software auf dem Markt (PowerDirector 4), die das Mastern auf DV-Band erlaubt, aber selbst das funktioniert nicht mit jedem Camcorder.

2. Bei HDV ist Firewire momentan noch die aktuelle Schnittstelle, und solange HDV auf Band aufgezeichnet wird (was sich ändern könnte), wird Firewire da die Schnittstelle bleiben.

3. Im Profibereich hatte sich Firewire gerade im Editing-Bereich als Übertragungsmöglichkeit etabliert (Beispiel: Panasonic-DVCPRO auf Apple Final Cut oder Sony-DVCAM-Maschinen). Bei bandbasierten Geräten wird Firewire als kostengünstigste Echtzeit-Schnittstelle auch noch einige Zeit bleiben.

4. Wer eine externe Audiolösung sucht, sollte derzeit auch zu Firewire greifen. Bei USB 2.0 gibt´s viel weniger Auswahl - und die nötigen Treiber sind noch überhaupt nicht ausgereift.

5. Viel wird sich auch daran entscheiden, ob mit Firewire-Schnittstelle angekündigte Geräte auch mit IEEE 1394 auf den Markt kommen: TV-Geräte von Sony, HD-DVD-Player von Toshiba etc.

6. Wer wirklich kreativ Filme machen will, also auf jeden Fall editieren möchte und das Master in bestmöglicher Qualität ausspielen/archivieren will, kommt um DV-In/Out pr Firewire nicht herum, da USB 2.0 das in der breiten Masse (noch) nicht unterstützt - und gar nicht im Fokus hat.

Fazit
Firewire wird sterben - aber wohl erst dann, wenn auch das letzte Videoband von uns gegangen ist. Man darf also schon mal leise "Bye, bye" sagen - und Firewire dennoch für Jahre weiter nutzen. So lange wird das "böse" USB 2.0 noch brauchen, bis es überhaupt erst mal auf dem Praxis-Standard von Firewire ist.

Man sieht wieder einmal: Nicht jeder vermeintliche technische Fortschritt ist auch einer.

(Hans Ernst)